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Zungenrede
Babylonische Sprachverwirrung oder höchste Anbetung Gottes?
Eine der sichersten Methoden,
Unruhe in eine Gemeinschaft zu bringen, die bisher in Frieden und Eintracht
lebte ist, sich, je nach Ausrichtung der Gemeinde, für oder gegen Zungenreden
zu äußern. Zumeist sind zwei Reaktionen vorherrschend:
1. Es wird jede Diskussion um dieses Thema abgelehnt
2. Es wird fast alles angenommen, sofern es entsprechend aufbereitet ist.
Im ersten Fall führt ein Beharren auf der Meinung meist zum Bruch mit der Gemeinde, da es ohne Gespräch nicht möglich ist, eine Übereinkunft über diese Problematik zu finden.
Im zweiten Fall wird durch dieses oft viel zu schnelle Annehmen von Meinungen und Praktiken jeder Verführung Tür und Tor geöffnet. Oft stellt man spät an den Früchten fest, dass doch nicht alles so einwandfrei war.
Dieses Verhalten ist unabhängig von der Gemeinde. In der charismatisch-pfingstlerischen Gemeinde kann ohne Eklat niemand von verantwortlicher Stellung aus die Zungenrede ablehnen, es bleibt höchstens eine kritische Stellungnahme zu einzelnen Auswüchsen oder Praktiken. Im landeskirchlichen-freikirchlichen Bereich ist andererseits kaum ein öffentlich zungensprechender Prediger oder Vorstand denkbar. Er müsste mit ernsthaften Sanktionen rechnen.
Mir selbst als Mitarbeiter in Hauskreisen, Jugendkreisen und vereinzelten Predigtdiensten ist dieses schon häufiger widerfahren. Dem einen ist man zu charismatisch, den Charismatikern zu anticharismatisch. Es scheint fast so, als ob man sich durch die Beschäftigung mit dem Heiligen Geist und der Zungenrede nur in die Nesseln setzen kann und langfristig alles Vertrauen in die Gemeinde und leider oftmals in das Wort Gottes, die Bibel verliert.
Wie anders ist sonst zu erklären, dass sich beide Gruppen bei Verwendung derselben Bibel, bei Festhalten an denselben evangelikalen Glaubensgrundsätzen so unversöhnlich gegenüberstehen. Es kann doch nicht sein, dass Christus uns in der Bibel zwei Meinungen finden lässt. Eine kann doch nur stimmen, die andere nicht.
Es können, um in den Gleichnissen Jesu zu bleiben, auf einem Baum nicht zwei verschiedene Früchte wachsen, eine Quelle zwei Wässer liefern.
Diese Auseinandersetzung hat mich Jahre lang bewegt. Mal stand ich fast davor, selbst in Zungen zu reden, mal kam ich zur völligen Ablehnung derselben. Mal wurde mir in einer Gemeinde Redeverbot über die Zungen, zumindest über das, was dagegen spricht, erteilt, mal kam es zum Bruch, weil wir, als Charismatiker eingestuft, uns über den gemeindlichen Konsens hinaus bewegt hatten.
Ich kann Gott nur dankbar sein, in dieser Phase mein Vertrauen zu Ihm und zu Seiner Gemeinde nicht verloren zu haben. Stattdessen führten mich diese Auseinandersetzungen zur intensiven Suche nach der Wahrheit, jedoch aber nicht in den Büchern über diese Themen, sondern in der Bibel selbst.
Ich will Sie, lieber Leser, mit hinein nehmen in diese Suche. Ob Sie mit mir am selben Punkt angelangen, kann niemand wissen. Es ist mir aber ein Anliegen, dass Sie diese kurze Abhandlung selbst anhand Ihrer Bibel überprüfen. Sie haben vorgefasste Meinungen, dies ist ganz natürlich und wichtig; die Entscheidung darüber, was falsch oder richtig ist, kann und darf aber nicht nach unseren Meinungen geschehen, sondern darf nur an der Bibel ausgerichtet werden.
Hier sind wir schon bei der ersten
und bereits zentral wichtigen Station meiner Suche angelangt:
Es ist unübersehbar, dass beide, Gegner wie Befürworter des Zungenredens, sehr regen Gebrauch von Bibelstellen und Bibelauslegungen machen. Trotzdem kommen die einen beim Thema Zungenrede zum Ergebnis, dass diese okkult sei, Zungenrede ist von unten, harmlosere Stimmen begnügen sich damit, diese als psychologische Erscheinung ohne okkulten oder geistlichen Hintergrund zu sehen.
Für andere hingegen ist Zungenrede eine der intimsten und kraftvollsten Arten der Anbetung Gottes, und Kritik daran trifft einen zentralen Punkt im persönlichen Glaubensleben. Der Vorwurf der okkulten Beeinflussung ist ein direkter Affront des Gabenträgers und seiner Beziehung zu Gott.
Nun zu der jeweiligen Bibelauslegung:
Befürworter der Zungenrede begründen ihre Gabe häufig wie folgt:
Zungenrede tritt in der Apostelgeschichte an verschiedenen Stellen auf. Zumeist erhalten Christen direkt nach der Bekehrung und der Taufe im Heiligen Geist diese Gabe. Aus der Apostelgeschichte wird daher oft der Schluss gezogen, dass jeder Christ bei seiner Bekehrung, wenn er den Heiligen Geist erhalten hat, in Zungen sprechen müsste. Zudem ist nach Markus 16,15 das Reden in anderen Zungen ein Zeichen der Jünger Jesu.
Davon unterschieden wird die Ausführung in 1. Kor. 12-14. Dort behandelt Paulus ausführlich die Geistesgaben, also besondere Fähigkeiten von Christen, die durch den Heiligen Geist bewirkt werden. Es sind Wundertäter, Krankenheiler, Bibellehrer, Evangelisten, Zungenredner und Ausleger der Zungensprache und andere Gaben genannt. Hier wird aber im Besonderen auf die Gaben innerhalb der Gemeinde Wert gelegt. In der Auslegung wird daher zugestimmt, dass nicht alle, die befähigt sind, in Zungen zu reden, diese Gabe auch in der Gemeindeversammlung ausüben. Paulus habe also in seiner Ausführung nur die Gaben innerhalb der Gemeinde behandelt, die private Ausübung der Gaben aber nicht abgelehnt, sondern durch Aussagen wie „Wer in Zungen redet, bessert sich selbst..“, „schweige in der Gemeinde und rede sich selbst und Gott“, eine Unterscheidung in eine private und öffentliche Zungenrede eingeführt. Aus der Aussage „ich will Psalmen singen im Geist und will auch Psalmen singen mit dem Sinn“ (=Verstand) ergänzt Paulus das Zungenreden noch durch das Zungensingen.
In der Praxis wird häufig wie folgt verfahren:
Nahezu jeder Christ bekommt bei der Taufe mit dem Heiligen Geist die Zungenrede. Dies ist keine eigentliche Gabe, sondern ein Zeichen der Taufe und des Versiegelt-Werdens mit dem Heiligen Geist. Manche behalten diese Gabe, üben sie aber nur in der privaten Anbetung aus, andere beten öffentlich, andere verlieren diese Gabe, also ganz so, wie der Heilige Geist die Gaben vergibt. Das Zungenreden tritt in 2 Varianten auf: Zum einen als unverständliches Reden, das selbst der Zungenredner nicht versteht oder auch nicht auslegen kann. Daher gibt es komplementär zur Zungenrede die Gabe der Auslegung der Zungenrede. Diese Auslegung ist aber nur für die öffentliche Zungenrede gedacht, private Zungenrede oder Zungenrede während des Lobpreises (Anbetungsteil während des Gottesdienstes), oder unterdrückte, leise gesprochene Zungenrede wird üblicherweise nicht ausgelegt.
Die 2. Variante ist die des Zungensingens. Hierbei wird einzeln oder auch in einer Gruppe gemeinsam in unverständlicher Sprache gesungen. Sowohl die Melodie als auch Text und Intonation sind vom Singenden selbst nicht oder nur bedingt beeinflussbar.
Die Zungenrede wird als Anbetung Gottes bezeichnet, die üblicherweise dann einsetzt, wenn unsere Sprache nicht mehr ausreicht, den Lobpreis Gottes in Worte zu fassen. Dementsprechend findet die Zungenrede eher am Ende als am Anfang eines Lobpreises statt. Viele können aber ohne vorherige Einstimmung direkt in Zungen reden, sozusagen auf Knopfdruck anfangen und aufhören.
Die Einschränkung von Paulus (1. Kor. 14,27) dass nur zwei oder drei und nur mit Auslegern (=Übersetzer der Zungenrede in unsere Sprache) in der Gemeindeversammlung in Zungen reden dürfen, findet daher nur Anwendung auf das spezielle und öffentliche Zungengebet. Private Zungenrede, Zungensingen und Zungenreden/-singen während des Lobpreises sind von dieser Regelung ausgenommen.
Anders die Argumente der Gegner der Zungenrede. Es wird zugestimmt, dass in den frühen Christengemeinden Zungenrede als Zeichen des Gläubig Werdens aufgetreten ist, in späteren Zeiten diese Gabe aber aufgehört hat, analog dessen, dass nach der Offenbarung kein weiteres Buch zur Bibel hinzugekommen ist. Viele sprechen hier von den Haushalten Gottes. Darunter versteht man Heilszeiten, in denen Gott durch besonders viele Wunder direkt wirkte, diese Wunderzeiten aber nur bestimmten Zwecken dienten und auch schnell beendet waren. Besonders ist hier der Auszug aus Ägypten unter Mose, die Zeit Elia´s, das Wirken Jesu nach seiner Taufe und ganz besonders die frühe Zeit der Gemeinde bis ca. 80-100 nach Christus zu nennen. In 1. Kor. 13 sprach Paulus davon, dass prophetisches Reden, Weissagen und eben die Zungenrede vergehen werden, wenn das Vollkommene kommen wird. Als Vollkommenes wird hier die Bibel eingesetzt und daraus gefolgert, dass nach Abschluss der Bibel durch die Offenbarung eben diese Gaben verschwunden sind.
Darüber hinaus wird der Behauptung, dass alle Christen bei Erhalt des Heiligen Geistes in Zungen sprechen müssten, unter Hinweis auf 1. Kor. 12,30 vehement widersprochen. Ebenso wird die Behauptung, dass das Getauft-werden mit dem Heiligen Geist ein unter Umständen von der Bekehrung losgelöstes Ereignis darstellt, zumeist abgelehnt.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass mehr als 3 und zumeist ohne jede Auslegung in Gemeindeversammlungen oder privaten Hauskreisen in Zungen reden. Die Regelung von Paulus, nur max. 3 Zungenredner zuzulassen, wird auf alle Arten der Zungenrede angewandt. Da der Heilige Geist nicht selbst gegen sein eigenes Wort handeln kann, nicht selbst sein Wort, die Bibel, brechen kann, ist für die Gegner somit der klare Beweis erbracht, dass diese Art der Zungenrede nicht vom Heiligen Geist stammen kann. Bestenfalls gilt sie als seelisches Gestammel, zumeist aber als okkult beeinflusst.
Als 1914 die Pfingstbewegung in Amerika begann und auch in Deutschland viele Auswüchse und Erfahrungen die pietistischen Gemeinden sehr abschreckten, kam es in den dreißiger Jahren zur sogenannten „Berliner Erklärung“, in der alle Zungenrede und schwärmerische Auswüchse als Wirkung einer okkulten Kraft, als „von unten“ bezeichnet wurden. Jeder, der Zungenrede praktizierte, war damit als „Besessener“, als „satanisch gebunden“ abgestempelt und bis vor wenigen Jahren gab es daher zwischen beiden Lagern kaum Verständigungspunkte.
Beide Argumentationen sind stark vereinfacht und decken sich nicht in allem mit den jeweiligen Ansichten, die hier und dort geäußert wurden.
Bereits aber dieser kurze Abriss der Argumente zeigt, wie gegensätzlich und sich gegenseitig ausschließend die Meinungen sind. Beiden Lagern kann nicht unterstellt werden, grundsätzlich falsch zu liegen, da die verwendeten Bibelstellen beiden zustimmen. Ich sehe gerade in der Art der Bibelauslegung das zentrale Problem. Wie oben ausgeführt, ist es unhaltbar, dass einerseits in beiden Lagern behauptet wird, die Bibel sei unfehlbares, 100%iges Wort Gottes, anderseits ist man aber nicht in der Lage, ein so ausführlich in der Bibel behandeltes Thema zu klären. Wer logisch redlich sein will, muss entweder von der Unfehlbarkeit der Bibel Abstand nehmen, oder eine umfassende Erklärung für alle Phänomene des Zungenredens in der Bibel und in den jetzigen Gemeinden bringen.
Da ich von der Verbindlichkeit
und Wahrhaftigkeit der Bibel völlig überzeugt bin - dies lässt sich
argumentativ an historisch-archäologischen Daten nahelegen, ist aber letztlich
eine persönliche Glaubensentscheidung - möchte ich mich der Frage der Bibelauslegung
direkt zuwenden.
Kernpunkt meiner Bibelauslegung ist, dass die Bibel sich selbst auslegt. Dies soll nicht heißen, alle Bücher über historische Daten, sprachliche Besonderheiten oder Auslegungen wegzuwerfen, sondern soll nur zum Ausdruck bringen, dass die Bibel, als Ganzes genommen, sich selbst erklärt. Eine Bibelstelle sollte demnach nicht durch ein bibelfremdes Buch ausgelegt, ergänzt oder erklärt werden (Buch Mormon, Wachtturm oder Bibelleseplan), sondern durch das Zusammenlegen mit anderen Stellen erschließt sich der Sinn.
Praktisch gestaltet sich diese Auslegungsregel in mehreren Auslegungskriterien:
1. Neues Testament hat Vorrang vor dem Alten Testament
2. Der Kontext = Zusammenhang ist stets zu beachten
a) textlich (keine losgelösten Verse und Abschnitte)
b) zeitlich, kulturell, sprachlich
3. Konformität
4. Maximalprinzip
5. Einmaligkeitsprinzip
Im Aufsatz "Bibelauslegung" sind
diese Punkte ausführlicher beschrieben.
1. Das Neue Testament ist in Jesus Christus die Erfüllung vieler Verheißungen und Prophetien des AT. Im NT wird die Erlösung des Menschen in Christus klar beschrieben, im AT in den Opferriten aber nur dunkel erahnt. Im AT ist die Vorstellung über einen Sohn Gottes, welcher am Kreuz stirbt, über eine Gemeinde aus Heiden undenkbar und unerkannt. Daher ist bei jeder Stelle im Alten Testament immer die Stelle im Lichte des NT zu betrachten und evtl. gedanklich zu ergänzen. In anderen Fällen können wir allgemeine Regeln ableiten, die Geschehnisse im AT auf das Geistliche im Leben eines Christen übertragen (gleichnishafte Auslegung).
2. Stellen dürfen nicht aus ihrem Zusammenhang, textlich und zeitlich, herausgelöst werden. Eine Auslegung von 1. Kor. 13 ohne Beachtung der Kapitel 12 und 14 ist daher nicht korrekt und kann zu Fehlinterpretationen führen. Auch muss in der Auslegung der gesamte Text, die gesamte Argumentationslinie beachtet werden. Paulus erklärt beispielsweise im Römerbrief beginnend ab Kap. 1 bis 8 die Erlösung des Menschen. Das Herauslösen einzelner Abschnitte ohne den Gesamtzusammenhang führt hier oft in die Irre.
3. Konformität steht für gleichbleibend, gleichklingend. Gemeint ist damit, dass bestimmte Begriffe (nicht alle) der Bibel die ursprüngliche Bedeutung bei der ersten Nennung bis zur letzten Nennung nicht verlieren. Ich verwende dieses Kriterium zumeist darin, dass ich die erste Stelle, in der das gesuchte Thema oder der gesuchte Begriff verwendet wird, sehr genau analysiere und die Bedeutung der ersten Nennung mit den späteren durchgehend vergleiche.
4. Die Regel des Maximalprinzips ist, dass die Stellen mit der größten und klarsten Aussage vorrangig behandelt werden und andere Stellen aufgrund dieser deutlichen Stelle ausgelegt werden. Beispiel: Wiederkunft Jesu wird in 1. Thess. 4,13ff und 2. Thess 2,1ff sehr ausführlich behandelt. Viele Auslegungen beginnen an anderen Stellen und kommen inhaltlich in Widerspruch zu dieser Stelle. Die Taufe mit Wasser wird in der Apostelgeschichte immer im Zusammenhang mit Bekehrung und Annehmen von Jesus Christus als persönlichem Herrn beschrieben. Durch das Hineinlesen der Taufe von Kindern in die Stelle Apg. 16,15 „als sie aber und ihr Haus getauft ward,...“ wird der Sinn der Taufe als öffentliches Bekenntnis verfälscht und die Taufe, der Begriff „Christ“ von einer bewussten Entscheidung für Christus getrennt (Taufheidentum). Eine Auslegung zu einem Thema der Bibel muss daher immer die Aussage der deutlichsten Stelle zuerst und dann unklarere oder zweideutige Aussagen behandeln.
5. Mit dem Einmaligkeitsprinzip ist gemeint, dass bestimmte Situationen und Zeitalter nur einmal geschehen und sich in dieser Art nicht mehr wiederholen. Niemand würde nochmals Israel mit Mose durch die Wüste schicken, Jesus in der Krippe suchen, oder? Vielerorts wird aber diskutiert, ob wir nochmals ein Pfingsten erleben können, ob die Zeit der vielen Wunder bei Jesus und den ersten Jüngern nicht auch wieder anbrechen könnten. Für die Klärung dieser Fragen ist es wichtig, festzustellen, ob diese Epochen vorbei sind, ob sie nur abgeschwächt wiederholbar sind oder ob wir nicht genauso auch jetzt eine Zeit der Wunder und ein neues Pfingsten erwarten können.
Für das Thema Zungenrede heißt das nun:
1. den Sinn und die Aussage der ersten Nennungen der Zungenrede untersuchen und den Wortsinn, Inhalte bestimmen (Konformitätsregel)
2. die Stelle mit der maximalen Aussage über das Zungenreden betrachten und analysieren (Maximalprinzip)
3. die restlichen Stellen mit Zungenrede betrachten und in den Gesamtzusammenhang stellen.
Zuerst daher eine chronologische Auflistung aller Textstellen, die mit Zungenrede direkt zu tun haben:
Die erste konkrete Nennung der Zungenrede findet sich in Jes. 28. 9-13. Der Zusammenhang dieser Stelle mit Zungenrede ergibt sich aus 1. Kor. 14,21. In dieser Stelle ist von anderen Lippen und Zunge die Rede, mit welcher Gott zu Israel sprechen wird, es jedoch auch diese Predigt nicht annehmen wird.
Entfernt kann auch die Sprachverwirrung beim Turmbau zu Babel genannt werden. Der Abschnitt 1. Mose 11, 1-9 berichtet von der Teilung der Sprache, nachdem alle direkt von Noah abstammend noch durch eine gemeinsame Sprache vereint waren.
An anderen Stellen, wo die Zunge erwähnt wird (z. B. 2. Mose 4,10) ist generell mit Zunge die natürliche Sprache gemeint.
Im Neuen Testament finden wir viele Hinweise auf die Zungenrede.
In den Evangelien finden wir bei Markus die bekannte Stelle (Mk 16,17) „Die Zeichen aber, die da folgen werden denen, die da glauben, sind die: In meinem Namen werden sie Teufel austreiben, mit neuen Zungen reden, (18) Schlangen vertreiben,...“
An Pfingsten, im Bericht Lukas, ist diese Verheißung eingetreten. Er berichtet in Apg. 2, 1-21 ff, wie mit einem Brausen der Heilige Geist auf die versammelten Jünger ausgegossen wurde und das Pfingstwunder, das Reden in anderen Sprachen ohne Erlernen dieser Sprachen geschah.
Später wird ein weiteres Zungenreden bei der Bekehrung der Heiden erwähnt. (Apg. 10,44-48). Die letzte Erwähnung der Zungenrede in der Apostelgeschichte ist in Kap. 19 1-7.
Die längste und umfassendste Stelle über Zungenrede und Geistesgaben insgesamt finden wird im 1. Korintherbrief Kap. 12-14. In diesem Abschnitt nimmt Paulus deutlich Stellung zur Ausübung von Geistesgaben und befasst sich vor allem in Kap. 14 speziell mit der Gabe der Weissagung, Zungenrede und Auslegung der Zungenrede.
Wir finden also
· im AT max. 2 Stellen
· in den Evangelien eine Stelle
· 3 in der Apostelgeschichte
· einen großen Abschnitt bei Paulus.
Da die Gabe der Zungenrede eine Geistesgabe darstellt, sind ferner für das Thema Geistesgabe folgende Stellen mit zu beachten:
· Römer 12,3-8
· Epheser 4,1-16
· Petrus 4,10+11
Insgesamt stehen uns also 5-6
direkte Stellen im direkten Zusammenhang mit der Zungenrede zur Verfügung. Gemäß
obiger Arbeitsrangfolge wird die erste Stelle (Jesaja) behandelt, danach der
große Abschnitt aus dem 1. Kor.-Brief und danach die anderen Stellen aus Sicht
dieser Stellen bearbeitet.
Die Stelle Jes. 28 hat in Bezug auf die Zungenrede nicht nur die Besonderheit, dass sie die erste direkte Nennung einer den Israeliten unverständlichen Rede ist, sondern auch durch die Zitierung bei Paulus im 1. Kor. 14, 21 direkt in die Thematik Zungenrede eingebunden ist.
Jes 28,1 Wehe der stolzen Krone der Trunkenbolde Ephraims, der welken Blume seines herrlichen Schmucks oben über dem fetten Tal der vom Wein Überwältigten!
Jes 28,2 Siehe, ein Starker und Gewaltiger vom Herrn [kommt] wie ein Hagelwetter, wie ein verderblicher Sturm, wie ein Wolkenbruch mit mächtiger Wasserflut; er wirft sie zu Boden mit Macht.
Jes 28,3 Mit Füssen wird zertreten die stolze Krone der Trunkenbolde Ephraims.
Jes 28,4 Der welken Blume seines herrlichen Schmucks oben über einem fetten Tale wird es ergehen wie einer Frühfeige vor der Ernte, die, wer sie sieht, alsbald verschlingt, wenn er sie kaum in die Hand genommen hat.
Jes 28,5 Zu jener Zeit wird der HERR der Heerscharen eine zierliche Krone und ein herrlicher Kranz sein dem Überrest seines Volkes,
Jes 28,6 denen, welche zu Gerichte sitzen, ein Geist des Rechts, und denen, welche den Angriff vom Tore abschlagen, eine Stärke.
Jes 28,7 Aber auch diese taumeln vom Wein und schwanken von starkem Getränk; Priester und Prophet sind von starkem Getränk berauscht, vom Wein benebelt, verleitet durch berauschende Getränke; sie sehen nicht mehr klar, urteilen unsicher.
Jes 28,8 Ja, alle Tische sind besudelt mit unflätigem Gespei, so dass kein Platz mehr ist.
Jes 28,9 Wem soll man Erkenntnis beibringen, wem die Botschaft erläutern? Denen, die von der Milch entwöhnt, von den Brüsten abgesetzt sind?
Jes 28,10 Weil sie sagen: «Vorschrift auf Vorschrift, Vorschrift auf Vorschrift; Satzung auf Satzung, Satzung auf Satzung, hier ein wenig, da ein wenig»,
Jes 28,11 so wird auch er zu diesem Volk mit stammelnden Lippen und in fremder Sprache reden,
Jes 28,12 er, der zu ihnen gesagt hatte: «Das ist die Ruhe! Erquicket den Müden! Und das ist die Erholung», aber sie haben es nicht hören wollen.
Jes 28,13 Und so soll auch ihnen das Wort des HERRN werden: «Vorschrift auf Vorschrift, Vorschrift auf Vorschrift; Satzung auf Satzung, Satzung auf Satzung, hier ein wenig, da ein wenig», - damit sie hingehen, rücklings fallen, zerbrochen, verstrickt und gefangen werden.
Die Stelle ist im größeren Zusammenhang eine Gerichtsandrohung über Ephraim, d. h. die nördlichen 10 Stämme Israels. Es wird in den Versen Jes. 28,1-4 das Herannahen eines feindlichen Heeres vorhergesagt, welches Ephraim zertreten wird. Ab Vers 5 richtet sich die Botschaft an die Übriggebliebenen. Diese werden, trotz der Tatsache, dass ihnen Gott („Herr Zebaoth“) „lieblich und ein herrlicher Kranz“ sein wird, trotz des Geistes des Rechts ebenfalls in ein Gericht geraten, das darin besteht, dass sie durch „Wein“ „toll“ und unverständig geworden sind. Auch wird direkt von Verunreinigung gesprochen. In V. 9 wird diese Generation in ihrer Ablehnung der Predigt Gottes durch Jesaja zitiert: Wen will er lehren? Wem will er die Predigt zu verstehen geben?
V. 10 und die Wiederholung in V. 13 stellt einen nur indirekt übersetzbaren Textteil dar, welcher je nach Übersetzung anders ausgelegt wird.
Bei R. Shallis „Zungenrede in biblischer Sicht“ S. 131 wird dieser Textteil wie folgt übersetzt:
Original in deutscher Lautschrift: zaw
la zaw, zaw la zaw, kaw la kaw, kaw la kaw -
mögliche Übersetzung: Gebot auf Gebot,
Meßschnur auf Meßschnur
Andere halten diese Lautmalerei als direkte Niederschrift einer Zungenrede, die daher nur in jüdischer Lautsprache verfasst werden konnte.
V. 11 stellt nun den bei Paulus zitierten Vers dar: Darin sagt Jesaja seinen Zuhörern, dass er (Gott) auf andere Art dem Volke Israel predigen wird, nämlich mit unverständlichen Lippen und anderer Zunge. V. 12a stellt das Ergebnis des Annehmens der Predigt dar, das Volk wird Ruhe, Erquickung und Stille finden, jedoch wird in V. 12b davon berichtet, dass die Zuhörer, das Volk Israel, diese Predigt nicht annehmen. In V. 13 wird der unverständliche und nicht übersetzbare Textteil wiederholt, jedoch in V. 13b zusätzlich das Gericht angedroht: „sie werden hingehen und zurückfallen, zerbrechen, verstrickt und gefangen werden“.
Die Verse 14-29 beziehen sich auf die südlichen Stämme Israels. Auch diese werden vor einem Gericht gewarnt. Adressiert ist dieser Abschnitt an die Spötter, die in Jerusalem herrschen, welche aber, ebenso wie der Norden, die Predigt Jesajas und das Wort Gottes ablehnen.
Der gesamte Abschnitt Jes. 28 steht im Übrigen, gekennzeichnet durch das vorangestellte „Weh der ....“ (V. 1) in einem größeren Zusammenhang. Die oft mit „Weh“ oder „Wehe“ begonnenen Abschnitte enthalten Gerichte, dann kommen Tröstungen für das Volk und Israel (ab Kap. 32). Mit Kap. 36 setzt die Erzählung der geschichtlichen Geschehnisse ein, die teilweise die Ausführung der Gerichte umfassen. Mit Kap. 40 kommen neue Tröstungen und Verheißungen für Israel.
Der Abschnitt Jes. 28 ist vermutlich ca. 735-730 v. Chr. geschrieben. (R. Shallis, S. 130). Ca. 721 sind die nördlichen Stämme Israels in die Verbannung gekommen. Das Land wurde verwüstet und andere Völker vermischten sich mit denen, die nicht in die Verbannung kamen bzw. evtl. daraus zurückkamen. Dieses vermischte Volk nannte man entsprechend ihrer Hauptstadt Samaria, Samariter. Die 10 Stämme sind aus der Verbannung nie zurückgekehrt und haben sich als Einheit verloren. Jedoch haben sich viele Gläubige Israeliten vorher dem Süden (Juda) angeschlossen, so dass Juda im eigentlichen Sinn die 12 Stämme Israels nun repräsentiert. (2.Chroniker 30, 1ff)
Zeitlich lässt sich der Abschnitt daher wie folgt einteilen:
· V. 1 vor dem Gericht (bis 721)
· V. 2-4 das Gericht (ca. 721)
· V. 5-13 eine Zeit nach dem assyrischen Überfall
Der Abschnitt 28, 14-29,8 beschreibt
die Zeit bis vermutlich der wundervollen Errettung Jerusalems, wie in 2. Chr. 32,20-22
beschrieben.
Der entscheidende Abschnitt 9-13 liegt zeitlich nach dem Überfall und Untergang des Nordreiches. Es bezieht sich gem. V. 5 auf die übrig gebliebenen, wobei V. 11 einen direkten Bezug zu den Zuhörern, also Zeitgenossen Jesajas, enthält. Daher ist anzunehmen, dass diese Prophezeiung mehrere Ebenen und Bezüge enthält.
Die Zeitgenossen Jesajas lehnten seine Predigt ab. Das Gesetz Gottes galt ihnen nicht viel. Trotz vieler Warnungen und kleinerer Gerichte, wandte sich Israel und Juda immer mehr vom Gesetz Gottes, welches er durch Mose gegeben hatte, ab. Aus dieser Sicht heraus lässt sich der Abschnitt: V. 11 ...“Ich will mit unverständlichen Lippen und anderer Zunge reden zu diesem Volk“ wie folgt auslegen:
Nach dem die in jüdischer Landessprache gehaltene Predigt die Menschen im Land nicht erreicht hat, diese verständliche Predigt nicht beim Volk ankam, ersetzt Gott dieses Reden durch die gewalttätige und fremde Sprache der assyrischen Eroberer. Israel und Juda mussten in die Verbannung, mussten unter Fremden in fremder Sprache leben und sich von ihnen regieren lassen. Statt den mosaischen Gesetzen, welche sie nie völlig gehalten hatten, mussten sie fremden Gottheiten die Ehre geben, fremden Gesetzen dienen und verloren jeglichen religiösen Bezug, nachdem ihr Hauptheiligtum, der Tempel, zerstört wurde.
Das Gericht der 1. Verbannung steht im direkten Zusammenhang mit 5. Mose 15-68. Dort wird speziell in V. 49 davon berichtet, dass Gott ein fernes Volk, dessen Sprache Israel nicht verstehen wird, schicken wird, wenn das Volk Israel die Gebote Gottes verlässt.
Zungenrede, unverständige Lippen
und andere Zungen sind in diesem Zusammenhang daher eindeutig als fremde Sprache
zu sehen. Unter fremder Sprache ist aus israelischer Sicht eine nicht jüdische
Sprache zu verstehen.
Zungensprache ist daher eine natürlich in der Welt
vorkommende Sprache eines nicht jüdischen Volkes.
Wenn man den Abschnitt 5. Mose 63-68 genauer betrachtet, stellt man fest, dass dieser Abschnitt zeitlich nach der Zerstörung Jerusalems, also ca. 70 n. Christus einzuordnen ist. Ebenso liegt der Bezug von Jes. 28,5 ebenfalls in der Zeit nach der 1. Verbannung. V. 11 bis 13 sollen hier deshalb genauer betrachtet werden:
Das Volk hört hier eine Predigt, die dem Volk Ruhe, Stille und Erquickung geben wird. Diese Predigt wird aber vom Volk abgelehnt. Aufgrund dieser Ablehnung fällt das Volk unter das Gericht: hingehen, zurückfallen, zerbrechen, verstrickt und gefangen werden. Der Begriff Ruhe ist einer jener Schlüsselbegriffe, dem besondere Bedeutung beizumessen ist. Im Hebräerbrief Kap. 3+4 wird ausführlich der Begriff Ruhe in Bezug auf Israel ausgelegt. Die Ruhe, die hier gemeint ist, stellt die völlige Versöhnung des Volkes Israel mit Gott dar. Jesus als Hohepriester bringt Israel diese Ruhe, indem er
a) selbst das makellose Opfer ist
b) keine weiteren Opfer nötig sind
c) die bleibende und völlige Verbindung und Versöhnung zwischen Gott und dem Volk herstellt
Diese Ruhe wurde Israel durch die Jünger Jesu gepredigt. Israel erfuhr als erstes von dem völligem Heilsangebot Gottes (Apg. 2 ff). Doch auch diese Predigt wurde vom Volk abgelehnt und nicht vernommen. In diesem zeitlichen Kontext bekommt der Abschnitt Jes. 28,5-9 einen zusätzlichen Sinn: Das Volk Israel, welches aus der Verbannung zurück kam, versuchte nach Leibes Kräften Gottes Gebote zu halten. Das Wort Gottes war ihnen lieb und wert. Durch dieses Hochhalten des Wortes, den Wegfall des Tempeldienstes während der Gefangenschaft, entstanden zum einen die Synagogen, Orte, in denen das Wort besonders gelehrt wurde und zum anderen die Personengruppe der Schriftgelehrten, Menschen also, die andere in den Schriften unterwiesen und die besonders in den Schriften studierten. Aber gerade diese Schriftgelehrten waren es, welche die Worte Jesu am wenigsten aufnahmen. Durch den Versuch, aus eigener Kraft das Gesetz zu halten, indem das Gesetz mit einer Vielzahl kleiner und kleinster Zusatzregeln verschärft wurde, verloren sie den Sinn und die Absicht des Gesetzes. Sie hielten sich selbst für gelehrt, so dass sie zur Zeit Jesu analog Jes. 28,9 sprachen: Was will uns Jesus lehren? Unter Umständen trifft gerade die Übersetzung des V. 10 „Gebot auf Gebot, Meßschnur auf Meßschnur“ daher genau diesen Wortsinn, da gerade das Verschärfen der Gebote Gottes durch eigene, (un)menschliche Zusatzgebote und Festlegungen das Haupthindernis der Schriftgelehrten im Annehmen des Evangeliums war.
Indem aber Israel Jesus als Heiland ablehnte, geriet es unter eine Art Fluch. Paulus beschreibt dies ausführlich in Römer Kap. 9-11. Israel ist mit Blindheit geschlagen, hat die klare Sicht auf Gott und seine Erlösung verloren (Paulus spricht hier von einer Decke = verdeckt). Dies gilt aber nicht für das ganze Israel (Römer 11,25) und dies gilt nur solange, als bis die „Fülle der Heiden“ selbst Jesus als Heiland angenommen hat. Zeitlich beginnt dieser spätere Bezug der Stelle Jes. 28 5-13 daher mit dem Wirken Jesu und endet erst bei der Wiederherstellung Israel als Volk Gottes, wie es in Sacharja Kap. 12 beschreiben ist.
Für unser Thema Zungenrede ist abzuleiten, dass Israel im Zusammenhang mit Zungenrede die Predigt von der Ruhe Gottes (Evangelium), in die es kommen soll, erfährt. Zungenrede aber im obigen Sinn als natürliche Sprache.
Der dritte Aspekt der Zungenrede
ergibt sich aus den in Jes. 28,13b genannten Folgen.
Das Hingehen, Zurückfallen, Zerbrechen, Verstricken und Gefangen werden kann
materiell als Beschreibung der Folgen der Verbannung und Gefangenschaft
bezeichnet werden. In 5. Mose Kap. 28 werden ja in noch viel deutlicheren
Ausdrücken die Folgen der Gefangenschaft dargestellt. Doch dort wird auch der
Hinweis, dass Israel fremden Göttern dienen wird, gebracht. In gewisser Weise
sind diese Bindungen aus Jes. 28, V. 13b daher auch als geistliches Gefängnis
zu sehen. Das Ablehnen der Botschaft, der Predigt von der Ruhe Gottes, führt in
die okkulte Verstrickung.
Zungenrede ist als Gericht über die, welche die Botschaft
nicht annehmen, zu sehen und bringt okkulte Verstrickung.
Aus dem Ergebnis, dass Zungenrede eine natürliche Sprache und ein Zeichen des Gerichts ist, kann die Sprachverwirrung beim Turmbau zu Babel daher direkt in den Kontext „Zungenrede“ gebracht werden. Zum einen ist die Verwirrung der damaligen Einheitssprache gerade der Beginn der Fremdsprachen. Zum anderen war diese Sprachverwirrung ein Gericht über die nach Selbstvergötterung strebende damalige Gesellschaft. Zuletzt ist auch der Aspekt des Okkulten mit dem Turmbau zu Babel verbunden, da eben Satan als treibende Kraft hin diesem Unterfangen zu sehen ist.
1. Zungenrede ist eine natürliche, nichtjüdische
Sprache
2. Zungenrede steht im Zusammenhang mit der
Predigt von der Ruhe Gottes, der Predigt von Jesus und dem Evangelium
3. Zungenrede ist ein Gerichtszeichen und steht
im Zusammenhang mit okkulter Verstrickung bei Ablehnung der Predigt vom Evangelium
4. Zungenrede ist an das Volk Israel gerichtet.
Wie oben ausgeführt, wird das Thema Zungenrede im Neuen Testament deutlich häufiger erwähnt. Die meisten Auslegungen fangen chronologisch in der Apostelgeschichte beim Pfingstwunder an. Aus oben angeführten Überlegungen möchte ich aber bei der umfassendsten Stelle im NT, also bei 1. Kor. 12-14 anfangen.
Aus Platzgründen möchte ich nicht die gesamte Stelle aus 1. Kor. 12-14 mit abdrucken. Es ist daher zweckmäßig, sich vorher den gesamten Text als auch den gesamten Brief insgesamt durchzulesen.
Der Brief ist an die Gemeinde in Korinth, einer Stadt in Kleinasien gerichtet. Geschrieben wurde dieser Brief von Paulus, als er in Ephesus weilte. Diesem Brief ist allem Anschein bereits ein Brief vorausgegangen, der aber nicht im NT enthalten ist (5,9). Ursache für diesen Brief waren Fragen bezüglich Heirat (7,1) und Götzenopfer (8,1ff). Darüber hinaus erreichten den Apostel Paulus viele Gerüchte über die Gemeinde (1,11, 4,18, 5,1, 6,1, 11,17ff ). Wir können aber den Korinthern dankbar sein für ihre Probleme, denn gerade diese haben dazu geführt, dass Paulus in diesem Brief in einzigartiger Weise so viele Themen für die Gemeindepraxis und unseren Wandel als Christen behandelt hat. Diese Themen sind:
Gemeindeordnung, Abendmahl, der Dienst, Umgang mit Unmoral-Gemeindezucht, die Ehe, Ehescheidung, Götzenopfer, die Geistesgaben, die Auferstehung u. a. m.
Man muss also beachten, dass Paulus hier in diesem ganzem Brief darum ringt, die wahre Lehre und die richtige Glaubenshaltung bei den Korinthern herauszustellen und sie auf den richtigen Weg zurück zu bringen. Seine Aussagen sind daher nicht unverbindlich und allgemein, sondern gelten konkret und verbindlich für die Gemeinde. Die Themen sind auch klar voneinander abgegrenzt, so dass deutlich wird, wann Paulus ein anderes Thema behandelt. Paulus wollte nicht die Korinther loben, stellte sie nicht als Mustergemeinde dar, sondern wies offen und unverblümt auf schwerwiegende Probleme hin.
Im Wesentlichen machte er ihnen Vorwürfe darin,
Trotz dieser schwerwiegenden Kritik stellt er aber die Gotteskindschaft der Korinther nicht generell in Frage. Vielmehr redet er sie als „Geheiligte in Christo“ (1,2) an. Im Zusammenhang mit unserem Thema „Geistesgaben“ und „Zungenrede" ist es also wichtig zu beachten, dass diese Geistesgaben nichts mit dem Glaubensstand in dieser Gemeinde und den einzelnen Gläubigen zu tun haben, da er ihnen ja an anderer Stelle deutlich bescheinigt, an keinerlei Gabe Mangel zu leiden (1,7).
Über diese Gemeinde ist also zu sagen,
· dass sie echte Christen waren, Geheiligte,
· ihr Glaubenswachstum aber steckengeblieben ist, sie immer noch Kinder sind,
· sie mit aller Gnadengabe gesegnet sind,
· aber keine ausreichende geistliche Erkenntnis haben ( 9x "Wisst ihr nicht...")
Bevor wir uns mit den uns wichtigen Kapiteln 12 - 14 befassen, möchte ich noch kurz auf die Rhetorik des Paulus eingehen. Die Art, wie Paulus argumentiert, hat schon damals häufig zu Missverständnissen geführt (2. Petr. 3,16 ). Man muss hier beachten, dass Paulus ein gebildeter Mann war, ein Schriftgelehrter, der in der Redekunst ausreichend bewandert war. So finden sich in seinen Briefen ständig „Rhetorische Fragen“ (=Fragen, die nur eine Antwort zulassen). Auch würzt er seine Rede häufig mit einem Schuss Ironie. Gerade in Kapitel 4, Vers 8 zeigt sich diese Ironie. In den vorangegangenen Versen führt er ihnen vor Augen, dass sie fleischlich sind, nicht über die Sünde herrschen, zeigt ihnen, dass es an geistlicher Erkenntnis noch sehr mangelt. Trotzdem muss er seine Autorität ständig unter Beweis stellen, darum kämpfen, dass die Korinther seine Botschaft annehmen. In Vers 5-7 führt er ihnen vor, nicht viel von sich zu halten, nicht aufgeblasen zu sein. Als Schlusspunkt lobt er sie dann für ihren Reichtum, für ihr Satt-sein, für ihr Herrschen, um ihnen gerade das Fehlen dieser Dinge zu sagen. Er will ja, dass sie herrschen, er bittet Gott sogar dafür und unterstreicht dadurch nochmals ihre Unzulänglichkeit.
Dieses negative Lob müssen wir vor allem in Blick auf Kap. 14 beachten, um Paulus folgen zu können.
In der Ausarbeitung "Geistesgaben" sind die grundsätzlichen Punkte hierzu gesagt. Daher wird hier der Abschnitt nur auf die spezielle Zungenrede ausgelegt. Der Abschnitt 12-14 lässt sich in mehrere Teile aufschlüsseln:
Im ersten Abschnitt zeigt er die Grundsätze der Geistesgaben auf:
Viele Predigten befassen sich mit 1. Kor. 13 völlig losgelöst von der Problematik der Geistesgaben. Der einleitende Satz :
1. Kor. 12,31: Strebet aber nach den besten Gaben; doch zeige ich euch jetzt einen noch weit vortrefflicheren Weg:
zeigt aber an, dass das Kapitel 13 ohne Bruch an das Thema von Kap. 12 anschließt. Wichtigstes Anliegen von Paulus ist, den Korinthern klar zu machen, dass nicht die Art der Geistesgaben zählt. Es gibt sozusagen keinen Solisten, da jeder die Gaben des anderen benötigt. Vielmehr versucht er ihnen aufzuzeigen, dass die Geistesgaben Dienstgaben an der Gemeinde sind. Geistesgaben dienen der Gemeinde, bauen sie auf, stärken sie, ermahnen, helfen usw.
Daher kann er in V. 31 auch sagen, "ich zeige euch einen noch köstlicheren Weg des Dienstes als diese Geistesgaben", nämlich die Liebe zum Nächsten. Gerade in diesem Abschnitt Kap. 13 zeigt er an vielen Beispielen, dass ohne die Liebe zu Gott und zum Nächsten alle Gaben umsonst sind. Letztlich führen sie zur Zielverfehlung, da ohne Liebe keine Stärkung, kein Dienst an der Gemeinde erfolgen kann. Dies unterstreicht nochmals sein Anliegen, den Korinthern die Geistesgaben als Dienstgaben an der Gemeinde darzustellen.
In Kap. 14 greift er nun nochmals das Thema Geistesgaben auf, hier aber speziell die Weissagung und die Zungenrede. Vor allem weist V. 1 darauf hin, dass Paulus versucht, bei den Korinthern die Gabe der Weissagung hervorzuheben und stattdessen die Zungenrede kleiner zu machen.
Er tut dies, indem er viele Vergleiche zwischen Weissagung und Zungenrede aufstellt:
Es ist klar ersichtlich, dass Paulus in diesem Abschnitt kein Plädoyer für die Zungensprache führt. Sein Ziel, die Auferbauung der Gemeinde, führt er mehrmals an: V. 3,4,5,6,12,17,19. Ohne Nutzen für die Gemeinde verfehlt die Geistesgabe ihren Zweck.
In diesem Zusammenhang ist daher die Argumentation, V. 3:
Wer in Zungen redet, erbaut sich selbst; wer aber weissagt, erbaut die Gemeinde
nicht als Argument für die Zungenrede zu sehen. Wer sich selbst auferbaut, verfehlt den Zweck der Geistesgabe, die Gemeinde aufzubauen. Gerade durch die Gegenüberstellung von Zungenrede und Weissagung wird dieser Umstand der Auferbauung deutlich den Korinthern vorgeführt.
Es geht also am Text vorbei, diesem Abschnitt Argumente für eine Zungensprache für den Privatgebrauch zu entnehmen. Geistesgaben sind für die Gemeinde gegeben und haben einzig ihren Bestimmungsort und Zweck in der Gemeinde.
Der wichtigste Abschnitt der gesamten Argumentation von Paulus und gleichzeitig der letzte Abschnitt vor den praktischen Anweisungen sind die Verse 20-25 im Kapitel 14.
1Kor 14,20 Ihr Brüder, werdet nicht Kinder im Verständnis, sondern an Bosheit seid Kinder, am Verständnis aber werdet vollkommen.
1Kor 14,21 Im Gesetz steht geschrieben: «Ich will mit fremden Zungen und mit fremden Lippen zu diesem Volke reden, aber auch so werden sie mich nicht hören, spricht der Herr.»
1Kor 14,22 Darum sind die Zungen zum Zeichen nicht für die Gläubigen, sondern für die Ungläubigen; die Weissagung aber ist nicht für die Ungläubigen, sondern für die Gläubigen.
1Kor 14,23 Wenn nun die ganze Gemeinde am selben Ort zusammenkäme, und alle würden in Zungen reden, und es kämen Unkundige oder Ungläubige herein, würden sie nicht sagen, ihr wäret von Sinnen?
1Kor 14,24 Wenn aber alle weissagten, und es käme ein Ungläubiger oder Unkundiger herein, so würde er von allen überführt, von allen erforscht;
1Kor 14,25 das Verborgene seines Herzens würde offenbar, und so würde er auf sein Angesicht fallen und Gott anbeten und bekennen, dass Gott wahrhaftig in euch sei.
Er leitet diesen Abschnitt damit ein, dass er an die Korinther appelliert, nicht "Kinder im Verständnis" sondern "Kinder in der Bosheit zu sein". Es ist also Paulus hier sehr wichtig, dass mit Verstand gearbeitet wird. Er fügt nun ein Zitat aus Jes. 28 ein (siehe oben) und erklärt, dass wegen dieser Schriftaussage die Zungen zum Zeichen sind für die Ungläubigen, nicht die Gläubigen. Im darauffolgendem Vers widerspricht er sich aber hierzu, indem er sagt: käme nun ein Ungläubiger in eure Gemeinde und alle würden in Zungen reden, würde jener die Gemeinde für verrückt erklären, während hingegen die Weissagung ihn zur Anbetung und Ehrerbietung gegenüber Gott führen würde.
Es ist für mich überaus verblüffend und erstaunlich, dass - soweit mir bekannt - bis auf ein Buch keine Abhandlung über Geistesgaben sich mit dieser Stelle und diesem Widerspruch auseinandersetzt. Dies umso mehr, als doch Paulus durch das Zitat aus dem Alten Testament den eigentlichen Sinn der Zungensprache erklärt.
Betrachten wir also diesen Abschnitt genauer:
Das Zitat aus Jesaja ist eindeutig an das Volk Israel adressiert, nicht an Heiden oder andere Völker. Das Besondere ist, dass, wie oben ausgeführt, die Zuhörer (die Israeliten) nicht der Predigt Glauben schenken, sondern ungläubig blieben. Daher ist mit den Ungläubigen aus V. 22 eindeutig das Volk Israel, die Juden gemeint, die Jesus nicht annehmen. Hingegen ist die Weissagung eine Gabe nicht für diese ungläubigen Juden.
Anders sieht die Situation in V. 23-25 aus. Bei dem Ungläubigen bzw. Unkundigen ist hier anscheinend ein Ungläubiger aus nichtjüdischer Nation, also ein Heide gemeint. Jener kann mit dem Zeichen der Zunge wenig anfangen, hingegen das Offenbaren des Verborgenen durch die Gabe der Weissagung würde ihn von der Macht Gottes in der Gemeinde überzeugen.
Aus diesem Zusammenhang ist also eindeutig zu ersehen, dass die Gabe des Zungenredens eigentlich gar nicht für die Heidenchristen bestimmt ist, sondern als Zeichen an das Volk Israel zu sehen ist. Die Prophezeiung in Jes. 28 ist eine Gerichtsprophetie. Daher ist die Zungensprache auch ein Gerichtszeichen an das Volk Israel. Dieser Aspekt wird in den anderen Stellen noch deutlicher:
Zusammenfassend ist daher über die Argumentation des Paulus zu sagen:
1. Geistesgaben sind zum Dienst in und an der
Gemeinde und nicht für den Privatgebrauch eingesetzt
2. Jede Geistesgabe hat ihre Besonderheit und
ist nur in der Fülle der anderen Gaben vollständig
3. Liebe ist der beste Weg, die Gemeinde aufzuerbauen
(Kap. 13)
4. Im Abschnitt Kap. 14 1-19 wird nicht für,
sondern gegen die Zungensprache argumentiert
5. Der eigentliche Sinn der Zungensprache ist,
dass es ein Zeichen für das Volk Israel ist
In dem Abschnitt ab V. 26 bis 40 legt Paulus nun die Ausübung der Gaben in der Gemeinde fest:
6. jede Gabe ist einzusetzen, jeder darf sich
beteiligen, keiner Gabe wird gewehrt
7. die Zungensprache wird nur mit Auslegung
und auch nur mit zwei oder drei Rednern zugelassen
8. das prophetische Reden wird auch auf zwei
oder drei Redner beschränkt
9. die Frauen haben in der Gemeinde zu schweigen
10. alles muss in Ordnung, Anstand und unter
Kontrolle geschehen ("Der Geist ist den Propheten untertan")
Dieser Abschnitt ist sehr brisant. Nicht nur wegen Punkt 4. Auch die anderen Punkte geben erheblich Zündstoff für Diskussionen ab. Es ist sich vor allem und zuerst bei so einem Abschnitt zu fragen: nehme ich das Wort Gottes verbindlich an oder interpretiere ich meine Wünsche hinein. Gerade der Abschnitt: "Die Frau schweige in der Gemeinde" ist umfassend. Heißt das, die Frau darf in der Gemeinde nichts außer zuhören, jede Mitarbeit im Gottesdienst, sei es Gebet, Zungenrede, Singen, Zeugnis, Weissagung, ist ihr verboten? Dieses Thema ist sehr umfassend und wird daher in einem gesonderten Aufsatz behandelt, da es den Rahmen zum Thema Zungenrede mehr als sprengen würde.
Wer sich aber exakt an das Wort halten will, muss eingestehen, dass diese Stelle eindeutig aussagt, dass Frauen in der Gemeinde keine Zungenreden führen oder auslegen, keine Weissagungen aussprechen, keine Weissagungen prüfen, keine Predigten halten oder Stellung dazu nehmen. Dies widerspricht der heutigen Praxis der charismatisch-pfingstlerischen als auch den meisten anderen Gemeinden grundsätzlich. Zudem muss man bedenken, dass gerade durch Frauen häufig das Charismatische Einzug in Gemeinden hält und derartige Gaben bevorzugt von ihnen ausgeübt werden (soweit ich dies an eigenen Erfahrungen sehen kann).
Ein weiterer Punkt ist, dass die Anzahl der Zungenredner auf 2 oder 3 und nur mit Ausleger beschränkt sind. Was ist nun, wenn in einer Gemeinde viele (mehr als 10 oft) gleichzeitig und ohne Auslegung in Zungen singen? Viele behelfen sich damit, zu sagen, dass Paulus hier das Zungenreden, nicht das Zungensingen gemeint hat. In Kap. 14, V. 14+15 führt er aber das Zungensingen an:
1Kor 14,15 Wie soll es nun sein? Ich will im Geiste beten, ich will aber auch mit dem Verstande beten; ich will im Geiste lobsingen, ich will aber auch mit dem Verstande lobsingen.
1Kor 14,16 Sonst, wenn du im Geiste lobpreisest, wie soll der, welcher die Stelle des Unkundigen einnimmt, das Amen sprechen zu deiner Danksagung, da er nicht weiß, was du sagst?
Somit fällt das Zungensingen genauso in diese Anweisung, max. 3 und nur mit Auslegung. Durch die rhetorische Frage in V. 16: Wer soll Amen sagen zu dem Lobpreis, wenn man nichts davon versteht, wird zudem klar, dass das nicht ausgelegte Zungensingen ebenso nutz- und fruchtlos für die Gemeinde ist.
Das Thema der Ausübung der Gabe des Zungenredens in der Gemeinde wird im letzten Abschnitt noch ausführlicher behandelt, da dort erst, nach vollständigem Studium aller Stellen, Schlüsse gezogen werden können.
In Apg. 2 wird das Pfingstwunder und hier zentral das Reden in Zungen beschrieben. Die Apostelgeschichte ist von Lukas, einem Mitarbeiter von Paulus, geschrieben worden. Daher ist anzunehmen, dass beide dieselben Ansichten und Meinungen über die Zungenrede hatten. Weiter ist Lukas selbst kein Augenzeuge gewesen, sondern hat den Bericht recherchiert, d. h. beteiligte Augenzeugen befragt.
Das Pfingstwunder wird uns nun in folgenden Schritten erzählt:
1. die Jünger versammeln sich
2. der Heilige Geist fährt auf sie herab
3. sie beginnen in Zungen zu sprechen
4. die anwesenden Menschen erkennen in den Zungenreden bekannte Sprachen
5. viele verspotten das Geschehene, indem sie es auf Alkohol zurückführen
6. Petrus tritt auf und hält eine Predigt in jüdischer Sprache
7. viele nehmen die Predigt an und bekehren sich
Aus dieser Stelle ergibt sich auch sehr genau, was Zungensprache an sich ist:
Es ist ein Sprachwunder, dass Menschen plötzlich, ohne vorherige Sprachkenntnisse,
fremde Sprachen sprechen. Die anwesenden Personen waren Juden, die aus allen
möglichen Regionen, dahin sie vertrieben wurden oder gezogen sind, zum Pfingstfest
(Laubhüttenfest) in Jerusalem zusammenkamen. Sie kannten neben der jüdischen
Sprache auch die Sprachen ihrer Wohnorte. Als nun die Jünger anfingen, in
diesen Sprachen zu reden, konnten die Anwesenden diese Sprachen verstehen. In
V. 11 erfährt man sogar den Inhalt dieser Sprachen: Sie priesen die großen
Taten Gottes. Es waren also keine Geheimbotschaften, keine Predigten an die
Anwesenden, Jesus nachzufolgen; Inhalt der Zungenrede war das Lob an Gott. Der
Zusammenhang, dass mit der Zungensprache eine natürliche, auf dieser Erde
gesprochene Sprache gemeint ist, wird auch durch 1. Kor. 14 erhärtet. Dort sagt
Paulus:
1Kor 14,10 So viele Arten von Sprachen mögen wohl in der Welt sein, und keine ist ohne Laut.
1Kor 14,11 Wenn ich nun den Sinn des Lautes nicht kenne, so werde ich dem Redenden ein Fremder sein und der Redende für mich ein Fremder.
1Kor 14,12 Also auch ihr, da ihr eifrig nach Geistesgaben trachtet, suchet, zur Erbauung der Gemeinde daran Überfluss zu haben!
1Kor 14,13 Darum: wer in Zungen redet, der bete, dass er es auch auslegen kann.
In diesem Abschnitt wird für Sprache das griechische Wort "lalein" verwendet. Dies wird im Griechischen als Ausdruck für natürliche Sprache verwendet. Einzig der Vers aus:
1Kor 13,1 Wenn ich mit Menschen- und Engelzungen rede, aber keine Liebe habe, so bin ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle.
weist darauf hin, dass Zungensprache auch Engelssprache sein könnte, jedoch weist der erste Abschnitt darauf hin, dass es auch hier mitunter Menschensprachen sind (Zunge ist hier generell auch mit Sprache zu übersetzen).
Wichtig ist noch der Adressat der Zungensprache. In Apg. 2,11 wird ausgesagt, dass die Apostel Gott lobten, also die Zungensprache an Gott gerichtet ist. Im Korintherbrief heißt es:
1Kor 14,2 Denn wer in Zungen redet, der redet nicht für Menschen, sondern für Gott; denn niemand vernimmt es, im Geiste aber redet er Geheimnisse.
Aus dieser Stelle wird ebenfalls klar, dass die Zungensprache gegen Gott gerichtet ist, also keine Fremdsprachenpredigt an die Anwesenden ist. Ebenso ist Kap. 14, V. 16 zu verstehen. Auch dort wird die Zungensprache als "Lobpreisen" gesehen.
Aus dem obigen Abschnitt über Apg. 2 lässt sich zusammenfassen:
Dennoch war die Zungenrede, das Sprachwunder in Jerusalem ein Zeichen an die anwesenden Juden. Welcher Art dieses Zeichen war, wird daraus ersichtlich, dass Gott hier zu den Juden in anderer Sprache redete. Man muss sich die Situation der damaligen Zeit vorstellen: die jüdische Sprache war die Sprache im Religiösen. Alle Gottesdienste, alle Kulthandlungen wurden in jüdischer Sprache durchgeführt. Das Volk Israel sah sich selbst als das erwählte Volk an. Es war daher undenkbar, einen jüdischen Gottesdienst in Griechisch zu halten, da diese Sprache als unrein, als nicht statthaft angesehen wurde, Gott zu loben. Das Problem ähnelt etwas der Problematik der katholischen Kirche, die auch lange Zeit alle Gottesdienste vollständig in lateinischer Sprache hielt und es als Frevel betrachtete, dies zu ändern. Die Probleme, die Juden hatten, mit Heiden umzugehen, zeigt die Person Petrus. Zuerst ist er es, der den Heiden die Türe zum Evangelium aufstößt (auch hier muss ihn aber Gott mittels Visionen vorbereiten und verändern). Jahre später tritt dieses Problem aber wieder zutage (Gal. 2,11ff).
In dieser Situation beginnen nun jüdische Männer Gott in diesen unsauberen Sprachen zu loben. An dieser Stelle, an Pfingsten, beginnt das Gericht Gottes über Israel. Wie Paulus es im Römerbrief darlegte, ist das Evangelium zuerst den Juden gepredigt worden, weil diese aber Jesus und auch die Predigt der Jünger ablehnten, gerieten sie in Verstockung, d. h. sie können die Botschaft vom Evangelium nicht verstehen (Römer 9-11). Für die Heiden, also Nichtjuden war es aber ein Gewinn, da sie lt. Paulus nun durch das Bekenntnis zu Jesus mit den gläubigen Juden in das geistliche Israel vereint sind. Das Heil, das Gott versprochen hatte, ist nun von den Juden weg zu den Heiden gekommen.
Wie in der Betrachtung oben über Jesaja 28, finden sich hier die wesentlichsten Punkte:
1. Zungenrede ist eine natürliche, nichtjüdische
Sprache
2. Zungenrede steht im Zusammenhang mit der
Predigt von der Ruhe Gottes, der Predigt von Jesus und dem Evangelium
3. Zungenrede ist ein Gerichtszeichen und steht
im Zusammenhang mit okkulter Verstrickung bei Ablehnung der Predigt vom Evangelium
4. Zungenrede ist an das Volk Israel gerichtet.
Der Vergleich beider Texte (Jesaja und Apostelgeschichte) zeigt also viele Parallelen in den Aussagen über die Zungenrede. Der Zusammenhang des Gerichts ergibt sich aus dem weiteren Text der Apostelgeschichte, wo die Feindschaft der Juden gegen das Evangelium häufiges Thema ist und wie bereits angeführt im Römerbrief (Kap. 9-11).
Der Zeichencharakter der Zungensprache wird noch deutlicher beim 2. in der Apostelgeschichte erwähnten Sprachwunder. In Apg. 10 wird von der Bekehrung im Hause des Cornelius berichtet. Cornelius war römischer Hauptmann und daher Nichtjude. Durch eine Vision wurde Petrus darauf vorbereitet, zu diesem Nichtjuden zu gehen. Man muss beachten, dass die Römer Feinde, Besatzer Israels waren. Zudem sahen die Juden alle Nichtjuden als Menschen 2. Klasse an und vermieden daher jeden Umgang mit ihnen, der über das Notwendige hinausging (Apg. 11,13). Petrus wurde aber von Gott angewiesen, dass er zu diesem Mann gehen sollte. Petrus predigte ihnen das Evangelium und es geschah, dass sich die anwesenden Personen dabei bekehrten. Petrus erkannte dies daran, dass sie wie auch zu Pfingsten in Zungen sprachen. Daher taufte er diese Heiden, die ersten Heiden, somit war das Evangelium von den Juden über die den Juden nahe verwandten Samaritern zu den Heiden hindurchgedrungen. Bedeutsam ist, dass an allen 3 Ereignissen Petrus die Schlüsselrolle hatte, entsprechend der Stelle aus Mt.16, 6-19, wo Jesus Petrus die Schlüssel zum Himmelreich gab. Petrus erschloss sozusagen das Evangelium somit allen Menschen.
Nachdem Petrus nach Jerusalem zurückkam, wurde er stark angegriffen, da noch die Meinung vorherrschte, dass man zuerst Jude, dann Jünger Jesu werden müsse. Gerade aber die Zungenrede war hier ein Zeichen an diese Judenchristen, dass die Bekehrung der Heiden echt und von Gott selbst angenommen war.
Wir sehen also, dass hier in der Apostelgeschichte die Zungensprache eindeutig ein Zeichen an die Juden war. Einerseits als Zeichen im Sinne von Jesaja 28, als Gericht - andererseits den bereits gläubigen Juden als Zeichen, dass Gott auch die Heiden erretten will.
Die letzte Erwähnung der Zungenrede findet sich in Apg. 19, 1-7. Paulus traf in Ephesus auf Johannesjünger, die noch nichts von Jesus Christus gehört hatten. Paulus erklärte ihnen das Evangelium, sie bekehrten sich, ließen sich die Hände auflegen und begannen in Zungen zu sprechen und zu weissagen. An dieser Stelle lässt sich weder ein Zeichencharakter noch eine andere Auslegung festmachen. Es wird hier nur erzählt, wie Juden bei der Bekehrung die Zungensprache bekamen. Ob andere Juden mit anwesend waren, ob dieser Vorgang in der Gemeinde vor Ort geschah; alle diese Dinge sind nicht erwähnt, und daher lässt sich diese Stelle nicht eindeutig irgendeiner Auslegungsrichtung zuordnen. Selbst die Aussage, dass jeder bei der Wiedergeburt in Zungen redet - hierfür wird diese Stelle oft zitiert - ist nicht haltbar, da es heißt, dass sie in Zungen redeten und weissagten. Es steht nicht, dass jeder in Zungen sprach. Würde dies angenommen, musste man auch annehmen, dass alle bei der Bekehrung weissagen müssten. Diese Meinung vertritt meines Wissens aber niemand.
Zuletzt ist hier noch die Stelle aus Mk. 16,17.
Mk 16,15 Und er sprach zu ihnen: Gehet hin in alle Welt und prediget das Evangelium der ganzen Schöpfung!
Mk 16,16 Wer glaubt und getauft wird, soll gerettet werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.
Mk 16,17 Diese Zeichen aber werden die, welche glauben, begleiten: In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben, mit neuen Zungen reden,
Mk 16,18 Schlangen aufheben, und wenn sie etwas Tödliches trinken, wird es ihnen nichts schaden; Kranken werden sie die Hände auflegen, und sie werden sich wohl befinden.
Hier wird die Zunge als eines von mehreren Zeichen genannt, welche die Jünger Jesu begleiten würden. Diese Aussage hat sich in der Apostelgeschichte und in den Gemeinden wie Korinth bestätigt. Jedoch ist auch diese Stelle ungeeignet, genauere Schlüsse über die Art der Zungensprache, ihre Anwendung usw. zu treffen. Bei genauer Übersetzung des Textes hieße es im Übrigen nicht "Zungenrede" sondern nur "sie werden in fremden/anderen Sprachen sprechen". Betrachtet man die Vielzahl an Sprachen, in die die Bibel übersetzt ist, ist eine Erfüllung dieser Prophetie Jesu sogar ganz ohne ein Sprachwunder denkbar. Daher ist nicht möglich, aus dieser Stelle klare, unzweideutige Schlüsse zum Thema Zungenrede zu ziehen.
Wir sind also am Ende der Betrachtung der direkten Stellen zum Thema Zungenrede. Das Ergebnis von Jesaja war:
1.
Zungenrede ist eine natürliche, nichtjüdische Sprache
2.
Zungenrede steht im Zusammenhang mit der Predigt von der Ruhe Gottes, der
Predigt von Jesus und dem Evangelium
3.
Zungenrede ist ein Gerichtszeichen und steht im Zusammenhang mit okkulter
Verstrickung bei Ablehnung der Predigt vom Evangelium
4.
Zungenrede ist an das Volk Israel gerichtet.
Aus dem Abschnitt 1. Kor. 12 - 14 haben wir folgende Punkte ermittelt:
1. Geistesgaben sind zum Dienst in und an der
Gemeinde, nicht für den Privatgebrauch eingesetzt
2. Jede Geistesgabe hat ihre Besonderheit und
ist nur in der Fülle der anderen Gaben vollständig
3. Liebe ist der beste Weg die Gemeinde aufzuerbauen
(Kap. 13)
4. Im Abschnitt Kap. 14 1-19 wird nicht für
sondern gegen die Zungensprache argumentiert
5. Der eigentliche Sinn der Zungensprache ist,
dass es ein Zeichen für das Volk Israel ist
Durch die praktischen Anweisungen sind noch folgende wichtige Punkte anzufügen:
6. jede Gabe ist einzusetzen, jeder darf sich
beteiligen, keiner Gabe wird gewehrt
7. die Zungensprache wird nur mit Auslegung
und auch nur mit zwei oder drei Rednern zugelassen
8. das prophetische Reden wird auch auf zwei
oder drei Redner beschränkt
9. die Frauen haben in der Gemeinde zu schweigen
10. alles muss in Ordnung, Anstand und unter
Kontrolle geschehen ("Der Geist ist den Propheten untertan")
Zuletzt aus der Apostelgeschichte ersehen wir:
1. Zungensprache liegt vor, wenn Menschen ohne
Vorkenntnisse plötzlich in fremden Sprachen sprechen
2. Zungensprache ist zumeist eine natürliche
Sprache, kann aber auch eine Engelssprache sein
3. Zungensprache ist vom Inhalt her
Lobpreis Gottes und daher an Gott gerichtet
4. Zungensprache ist ein Zeichen an die Juden
gewesen
Aus dem gesamten Zusammenhang sehen wir also, dass Zungensprache stets im Zusammenhang mit dem Volk Israel zu sehen ist. Durch die Stelle aus Jes. 28 und dem Zitat in dem großen Abschnitt darüber bei Paulus im 1. Korintherbrief sind beide eng verbunden. Zungensprache ist ein Zeichen an das Volk Israel: Es kam in das Gericht, ist verstockt worden. Das Evangelium ist nunmehr an die Heiden gegangen. Das Volk Israel hat seine Vorrangstellung vor den anderen Völkern verloren und ist praktisch von ca. 70 n. Chr. bis 1948 nicht mehr als Staat vorhanden gewesen.
Wenn nun die Zungensprache als Zeichen für die Juden galt, welche Funktion soll sie nun heute haben?
Dies ist eine sehr ernste Frage. Ein Zeichen, das heute nicht mehr verstanden wird, ist nutzlos. Betrachtet man die Gemeinde Jesu, war der Anteil an Juden in der apostolischen Zeit sehr hoch, letztlich waren fast alle wichtigen Personen Juden. Doch durch die Heidenmission veränderte sich dies grundsätzlich. Heute sind Juden in christlichen Gemeinden mehr als nur rar. Wenn nun die Juden zunehmend an Bedeutung in der Gemeinde verloren haben, musste auch die Zungensprache damit einhergehend zurückgehen. Aus Berichten der frühchristlichen Zeit wird zumindest wenig über Zungenrede berichtet, außer dass sie eben in Splittergruppen noch praktiziert werden solle. Auch in den Briefen des Neuen Testaments finden sich außer im Korintherbrief keine Hinweise auf Zungenrede. Hierbei handelte es sich zumeist um Gemeinden aus Heidenchristen. Ein weiteres Indiz hierfür ist, dass die Thematik, die den Galaterbrief füllt und auch vielfach in der Apostelgeschichte und den anderen Briefen vorkommt, nämlich, dass die Heidenchristen nicht unter dem jüdischen Gesetz stehen, nur in der apostolischen Zeit Bedeutung hatte. Später waren Themen wie Beschneidung, Speisegesetzte, Festtage nicht mehr von Belang.
Es liegt also nahe, anzunehmen, dass die Zungenrede eine Gabe Gottes war, die ihre Zeit und Funktion damals hatte, aber mit dem Übergang des Evangeliums an die Heiden zunehmend sich verlor. Letztlich spielte sie auch in der Gemeinde Gottes keine Bedeutung mehr, bis eben um 1914 die Pfingstbewegung ihren Anfang nahm.
Betrachten wir daher genauer diese neuen Zungengaben:
·
diese Gabe des Zungenredens tritt
zumeist bei der Geistestaufe auf, einem meist von der Bekehrung verschiedenen
Ereignis
·
dies geschieht häufig durch Handauflegung
·
die Zungensprache bleibt manchem
erhalten, viele praktizieren sie aber später nicht mehr
·
in den Gemeinden wird die Zungenrede
als Zungensingen ohne Auslegung und als Zungenrede, teilweise mit Auslegung,
praktiziert
·
Inhalt dieser Zungenreden sind
Lobpreisungen Gottes, Botschaften an die Gemeinde, Segnungen usw.
·
die Gaben werden von Frauen und
Männern gleichermaßen praktiziert
·
diese Geistesgaben gehen mancherorts
mit anderen Wirkungen einher (Ruhen im Geist, heiliges Lachen, Torontosegen
usw.)
Wie oben bei Paulus in den praktischen Anweisungen angegeben, darf in der Gemeinde keine Zungenrede ohne Auslegung erfolgen. Es ist hierbei unerheblich, ob jene gesungen oder gesprochen wird. Falls in einer Gemeinde es anders praktiziert wird, kann dahinter nicht der Heilige Geist als Gabengeber und selbst Redender stehen, da er durch sein Tun direkt dem Worte Gottes widerspräche. Er kann nicht einerseits im Worte Gottes, das Menschen, durch ihn inspiriert, schreiben, die Zahl der Zungenredner auf 3 begrenzen, um dann selbst in der Gemeinde gegen sein Wort zu handeln.
Das 2. Problem ist, dass die Gabenausübung durch Frauen in der Bibel verneint wird. Die Stelle aus 1. Kor. 14 lässt keinen Spielraum, als dass Frauen in der Gemeinde kein Stimmrecht haben, so unverständlich und befremdend dies uns heute vorkommen mag. Hingegen finden wir in vielen charismatischen Gemeinden häufig Frauen, die dominant ihre Zungenrede oder Auslegung praktizieren. Selbst Frauen, die predigen, danach von der Kanzel in Zungen reden und sogar mit Zungenreden segnen, sind nicht unüblich. Vielfach habe ich selbst erlebt, dass in diesen Gemeinden eigentlich die Frauen, nicht die Männer das Zepter führen, durch Beeinflussung, Intrigen usw. massiv Einfluss auf die Gestaltung der Gemeinde nehmen.
Wenn eine Gemeinde sagt, dass sie sich 100%ig dem Worte Gottes verbunden fühlt, die Bibel als unfehlbares Wort Gottes sieht, können solche Dinge nicht sein.
Die heute so häufig gebrachte Zungenrede kann daher nur sehr bedingt als biblische Zungenrede bezeichnet werden. Untersuchungen aus den USA, wo man die Zungenreden auf Tonband aufnahm, von Sprachwissenschaftlern und auch von Auslegern übersetzen ließ, zeigten ein ernüchterndes Bild. Über 90% aller Sprachen waren nur Gelalle, waren keine Sprache, die restlichen, übersetzbaren Aufnahmen waren dämonisch einzuordnen. Ein Anteil von weniger als 1% konnte nicht übersetzt werden. Einzig in diesem Anteil lässt sich vielleicht richtige Zungenrede finden. Ebenso falsch waren die Auslegungen. Weder stimmten 2 Auslegungen einer Aufnahme, noch die Auslegungen insgesamt mit den Übersetzungen überein. Diese Untersuchung sollte uns warnen.
Gemäß der Schrift ist die Zungensprache eine Gabe für die Gemeinde. Ein Privatgebrauch dieser Gabe zuhause, eine eigene Auferbauung ist nicht schriftgemäß und daher abzulehnen. Daher sollte die Zungensprache entsprechend der Bibel auch in den Gemeindeversammlungen praktiziert werden können. Hierbei sind aber die Grundsätze zu beachten: nur 2 oder 3 Redner, und alles ist auszulegen.
Alles, was dem widerspricht, kann nicht in der Gemeinde geduldet werden. Paulus billigt jenen sogar zu, dann für sich und Gott zu reden. Aus der Betrachtung über die Geistesgaben insgesamt ist aber klar, dass dann diese Geistesgabe nutzlos ist, oder es handelt sich nicht um eine Geistesgabe. Man bedenke aber, dass solche Nachsätze auch als Ironie gedeutet werden können, wie auch Paulus an anderer Stelle warnt, sich nicht selbst im Streit gegenseitig zu fressen (Gal. 5,15). Daher sollte dieser Nachsatz, der im Widerspruch zu seiner Gesamtaussage steht, nicht genommen werden, eine Lehre aufzubauen, die dem Gesamttext widerspricht.
Es gilt also, wenn wir uns an
die Schrift halten, müssen wir Zungenrede in der Gemeinde zulassen, aber nur 2
- 3 und dann nur mit Auslegung. Unter Gemeinde ist zu verstehen, wenn Christen
sich versammeln und Gemeinschaft haben. Also sind auch Hauskreise, Gebetsgruppen
usw. eingeschlossen.
Meine
persönliche Meinung aufgrund der Schrift ist aber, dass die Zeit der Zungenrede
vorbei ist. Diese Gabe steht in solch engem Zusammenhang mit Israel und den Juden,
dass ohne diesen Bezug diese Gabe keinen Sinn macht. Dieser Zusammenhang besteht
heute aber nicht mehr. Ersichtlich ist auch, dass die Zungenrede die einzige
Geistesgabe ist, die nicht ohne die andere Gabe, die Auslegung der Zungenrede
auskommt. Zuletzt weist die Bibel in 1. Kor. 13 darauf hin, dass die Zungensprache,
das prophetische Reden aufhören werden, wenn das Vollkommene da ist:
1Kor 13,8 Die Liebe höret nimmer auf, so doch die Weissagungen aufhören werden und die Sprachen aufhören werden und die Erkenntnis aufhören wird.
1Kor 13,9 Denn unser Wissen ist Stückwerk, und unser Weissagen ist Stückwerk.
1Kor 13,10 Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören.
1Kor 13,12 Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunkeln Wort; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich's stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin.
1Kor 13,13 Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.
Wir wissen, dass mit der Wiederkunft Jesu das Glauben an ihn aufhört und wir ihn sehen. Glaube, Hoffnung auf Erlösung werden dann aufhören und durch die Gegenwart unseres Herrn ersetzt. Daher muss das Aufhören der Gaben der Weissagung, der Erkenntnis, das Zungenreden zeitlich vor der Wiederkunft Jesu liegen. Die Verse 9+10 zeigen an, dass dies geschehen wird, wenn das Vollkommene vorhanden ist und dann das Stückwerk aufhören wird. Dass mit diesem Stückwerk Erkenntnis gemeint ist, wird durch den Zusatz: "unser Wissen ist Stückwerk" untermauert. Das Zungenreden, die Weissagung, die Erkenntnis werden also als Stückwerk bezeichnet, welches mit dem Vollkommenen aufhören wird.
Meines Erachtens ist hier eindeutig die Bibel als völlige Offenbarung Gottes gemeint. Zur Zeit des Paulus lag die Bibel nicht vollständig vor. Auch hatten viele Gemeinden nur Bruchstücke oder Abschriften verschiedener Briefe. Daher gab Gott in diese Zeit diese Gaben, damit die Gemeinden wussten, was Gottes Wille sei. Er befähigte auch besondere Personen wie Paulus, denen er Offenbarungen gab, und vollendete mit ihren Schriften sein Wort. Die Vollendung der Bibel schloss auch das apostolische Zeitalter ab, das durch besondere Persönlichkeiten, die Jesus direkt kannten, und auch durch große Wundertätigkeiten auffiel, ab. Meines Erachtens handelt es sich um eine einmalige Zeitspanne mit besonderen Geschehnissen und Wirkungen Gottes. Man kann beispielsweise die Ausbreitung des Evangeliums von den Juden zu den Samaritern und dann Heiden nicht noch einmal wiederholen. Eine Zeitspanne, in die neuen Erkenntnisse zur Bibel hinzukommen, gibt es nicht mehr, weil Gott sein Wort abgeschlossen und vollendet hat. Das heutige Auftreten von verschiedenen Propheten, die neue Lehren und Erkenntnisse zur Bibel hinzufügen, unterstreichen dies umso mehr. Vielfach wird hier eingewandt, dass doch von etlichen Missionaren von Wunderwirkungen, Sprachwundern und anderen Dingen berichtet wird, die an diese apostolische Zeit erinnern. Im Prinzip unterstreichen diese Berichte aber das Gesagte, da gerade Missionare, die Gemeinden gründen, oft ähnlichen Problemen wie die Apostel gegenüber stehen. Es ist aber nicht zu leugnen, dass, sobald sich in diesen Gemeindegründungen das Wort festigt, diese Wunder zurückgehen und teilweise fast völlig aufhörten. Das öffentliche Wirken Gottes weicht dem verborgenen Wirken seines Wortes.
Wir finden diese Verschiebung auch innerhalb der Bibel selbst. Wird bei Paulus noch von der Gabe der Wundertätigen, der Krankenheiler gesprochen, geschehen in der Apostelgeschichte noch spektakuläre Wunder, finden wir bei Jakobus eine Verschiebung hin zu den Ältesten in der Gemeinde (Jak. 5,14).
Meine Ausführung zu diesem Thema könnte man noch beliebig aufblähen und an vielen Stellen ergänzen. Ich hoffe aber, dass sie trotz aller Unzulänglichkeit und Unvollständigkeit hilft, in dieser Frage der Zungenrede zurechtzukommen.
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